Nach dem die Welt Dobrindt veröffentlicht hatte, legt sie nach mit der Schlagzeile „Politik muss das Denken der 68er endlich überwinden“ – Es ist ein Trauerspiel. Das Denken der 68er hat nur als Skandalpflänzchen stattgefunden. Es war in dieser Republik niemals zu hause. Galt ich in den 80er Jahren noch als rechts orientiert, werde ich heutzutage dem linken Spektrum zugeordnet. In den frühen 80er habe ich die Jungen Liberalen in Bayern mitgegründet und wir waren die konservative Gegenbewegung zu den Jungdemokraten. Aber im Gegensatz zu irgendwelchen marxistischen Jugendbewegungen oder den JuSos waren die Jungdemokraten eher in der Mitte als Links. Das für mich erschreckende ist, dass die Anfang der 80er Jahre noch eher rechts stehende Positionen heutzutage als Links betrachtet werden.
Heutzutage bekomme ich das Gefühl, dass selbst Franz-Josef Strauß ein Linker wäre, der zwar unzweifelhaft ein Rechter war und mit Vorliebe über seine Sozis hetzte und auch durchaus teilweise rassistisch unterwegs war. Als kalter Krieger betrachtete er den Kommunismus als Untergang des Abendlandes. Aber im Gegensatz zu Dobrindt war er durchaus ein Mann des Diskurses. Polemiken gegen den politischen Gegner hinderten ihn nicht daran sich mit diesem Gegner zu unterhalten. Selbst für Franz-Josef Strauß stand es außer Frage, dass es gewisse Dinge in diesem Land nicht mehr geben sollte, auch wenn er sehr wohl am rechten Rand fischen konnte und sich zum Beispiel die Positionen der Schönhuber Republikaner zu eigen machte, um diese dann pragmatisch zu verwerfen. Die Nazis in der Bevölkerung quasi für eine demokratische Partei einzufangen, damit sie keine Chance haben ihre Ansichten durchzusetzen, das war dieses rechts neben der CSU darf es keine Partei geben. Heutzutage aber ist es ein den rechten Positionen hinterherzulaufen und diese dann pragmatisch auch noch umzusetzen. Das wäre einem Strauß wohl nicht eingefallen.
Das Denken der 68er hat sich nicht nur nicht durchgesetzt, es ist gänzlich verschwunden. Menschenrechte und Menschenwürde spielen noch nicht einmal in der SPD mehr eine Rolle. Die SPD ist in der Zwischenzeit auch eine rechte Partei nur nicht ganz so rechts wie die CDU oder CSU. Selbst die Linken sind nicht wirklich links. Echte linke Positionen wie bei der MLPD spielen in der politischen Landschaft gar keine Rolle mehr. Und selbst die Grünen sind immer weiter nach rechts gewandert. Eine Petra Kelly wäre heutzutage weder bei den Grünen noch bei der SPD vorstellbar. Schon der Widerstandskämpfer Willy Brandt war für die Republik ein Problem und es wurde ein Helmut Schmidt bevorzugt. Auch Oskar Lafontaine ist nicht wirklich ein Linker, allerdings hat es ihn aus der SPD geschleudert, weil er für die SPD zu links wurde.
Diejenigen die Ende der 70er Jahre und Anfang der 80er Jahre in der alten BRD noch als rechts galten, werden heutzutage in das linke Spektrum einsortiert. Das zeigt eigentlich nur, dass diese Republik sich gedanklich mehr und mehr nach rechts bewegt. Alleine schon das künstliche Feindbild, dass man gegen die 68er was unternehmen müsste, ist dabei bezeichnend. Vermutlich wäre heutzutage selbst Axel Springer ein Linker, weil er für Demokratie und Menschenrechte eintrat. Die 68er haben niemals in dieser Republik die Meinungsführerschaft gehabt, sie waren nur die Exoten wie Reiner Langhans von der Kommune Eins über die man sich aufregen konnte. Die 68er sind das Feigenblatt der Republik, damit man sich als liberal bezeichnen konnte, das es sowas gab und gibt. Jetzt aber soll selbst dieses Feigenblatt vernichtet werden, damit man wieder ein „anständiger Deutscher“ sprich ein Rassist und Menschenfeind sein darf.
Sorry für den Rant, aber das musste raus.